Andacht zu Matthäus 9,18-26

Leben und Tod (24. Sonntag nach Trinitatis), Tag 1

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Lesung:

Matthäus 9, 18-26

Als er dies mit ihnen redete, siehe, da kam einer von den Vorstehern der Gemeinde, fiel vor ihm nieder und sprach: Meine Tochter ist eben gestorben, aber komm und lege deine Hand auf sie, so wird sie lebendig. Und Jesus stand auf und folgte ihm mit seinen Jüngern. Und siehe, eine Frau, die seit zwölf Jahren den Blutfluss hatte, trat von hinten an ihn heran und berührte den Saum seines Gewandes. Denn sie sprach bei sich selbst: Könnte ich nur sein Gewand berühren, so würde ich gesund. Da wandte sich Jesus um und sah sie und sprach: Sei getrost, meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Und die Frau wurde gesund zu derselben Stunde. Und als er in das Haus des Vorstehers kam und sah die Flötenspieler und das Getümmel des Volkes, sprach er: Geht hinaus! denn das Mädchen ist nicht tot, sondern es schläft. Und sie verlachten ihn. Als aber das Volk hinausgetrieben war, ging er hinein und ergriff sie bei der Hand. Da stand das Mädchen auf. Und diese Kunde erscholl durch dieses ganze Land.

 

Thema:

Wann ist Leben wirklich Leben?

 

Auslegung:

Wann ist das Leben wirklich lebenswertes Leben? Diese Frage spielt in der gegenwärtigen Debatte der Biogenetik eine wichtige Rolle. Viele sind mittlerweile der Meinung, dass eine einfache biologische Existenz, der Beginn der Zellteilung, noch kein Leben begründet. Erst wenn entsprechende Qualitätsmerkmale dazukommen, dann handelt es sich um „anerkanntes Leben“. Das führt dazu, dass bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei abgetrieben werden kann. Das führt zu pränatalen Untersuchungen, die es eines Tages möglich machen könnten, das „Wunschkind“ (männlich, braune Augen ...) in den Mutterleib einzupflanzen und die anderen „Zellhaufen“ beiseite zu lassen. Und was geschieht, wenn das Leben zu viel Leid enthält, der Betreffende sich selbst und anderen eher zur Last fällt? Wann darf man da etwas unternehmen? Die Debatte zeigt, wie willkürlich Grenzen gezogen werden können. Würde die Frau, die sich hier ganz verschämt an Jesu Kraft beteiligen will, unter die zählen, die eigentlich nur Last sind? Weil ihre Krankheit unrein macht, ist sie im Alltag gehandicapt. Deshalb wagt sie es auch nicht, Jesus offiziell anzusprechen. Doch Jesus verweigert seine Hilfe nicht. Er schenkt ihr neue Lebenskraft, neue Lebensperspektiven zurück.

In unserem Jugend- und Sportlichkeitswahn – die Werbung ist ein sicherer Hinweis dafür - erkennen wir heute nur gesunde und vitale Menschen an. Was tun mit den vielen, die nicht mithalten können? Verachten, verstecken, abschieben, ghettoisieren? Wir brauchen mehr mutige Leute, die anerkennen, dass jeder Mensch, ob krank oder gesund, dick oder dünn, intellektuell fit oder nicht, jung oder alt ... ein von Gott geschenktes Leben hat.

 

Gebet:

Herr Jesus, du liebst jeden so, wie er ist. Danke, dass du auch mich so anerkennst, wie ich bin, mir neue Lebenskraft schenkst. Vergib mir, wo ich verächtlich von anderen gesprochen habe, sie herabgesetzt habe.

 

Impuls:

Was kann Sie motivieren, an einer der Lebensrechtsbewegungen im Raum der Gemeinde teilzuhaben, um der Verachtung von menschlichem Leben entgegenzutreten?

 

 

Hintergrundinformationen:

v     Die Frau hat ein recht magisches Heilungsverständnis, wird aber von Jesus nicht getadelt. Sie meint: „Wenn ich etwas von ihm berühre, dann springt die Kraft auf mich über.“ In den meisten Fällen geht der Heilung ein Gespräch voraus, hier folgt es hinterher. Nicht die Quasten am Gewand Jesu, sondern seine Worte sind das Wichtigste.

 

Autor dieser Andacht: Konrad Flämig